Schaurichs Mordpläne – #WritingFriday

Diese Aktion wurde von ELIZZYs #WritingFriday von ihrem Blog read books and fall in love ins Leben gerufen. Hier ist mein Beitrag für diese Woche.

Diesmal kommt folgendes Monatsthema:
Schreibe eine Geschichte und flechte darin folgende Wörter mit ein:  Blut, Mordpläne, Spinnenweben, schaurig, Schock

Blut klebte an der Wand der alten Kirche, wo ein Mensch eine Mücke erschlagen hatte, die sich vorher an ihm vollgesogen hatte. Und daneben hatte jemand an die Wand gekritzelt: Schaurich!

„Das schreibt man aber schaurig!“, sagte Frau Korrmann, eine Lehrerin, zu ihrer neunten Klasse, mit der sie den alten Kirchhof besichtigte.

Da aber fühlte sich der Geist von Schaurich, einem Germanenhäuptling aus grauer Vorzeit beleidigt, zumal er zu Lebzeiten das Christentum in dieser Gegend eingeführt hatte. Und als der Schüler Justus gar auf der Wand das Wort ausbesserte, soweit dies auf dem Stein möglich war, bekam er regelrecht einen Schock. Solche götterdämmerigen Fenriswölfe! Denn so pflegte er Menschen zu nennen, die gegen seine Gesetze handelten.

Bei dieser grauhaarigen Frau und diesem blonden Buben mit den komischen Gläsern auf der Nase überkam ihn schon sein alter Kriegergeist, als er mit anderen Stämmen kämpfte, die es wagten, seinen Leuten etwas zu klauen. Regelrechte Mordpläne kamen ihm schon in den Sinn:
Nicht nur die Mücken, die auf dem nahe gelegenen Teich brüteten, konnte er einsetzen, um die Menschen zu piesacken. Denn zwischen manchen Gräbern, die schon lange niemand mehr aufgesucht hatte, erstreckten sich genügend Spinnweben, mit denen er allerhand Fallen bauen konnte, in denen auch Menschen kleben blieben. Er brauchte nur langsam durch diese Spinnennetze zu schweben, und schon blieben die Fäden in seiner Hand kleben.

So folgte er der Gruppe, bis zu einem Gebäude, vor dem die Lehrerin die Jugendlichen entließ. In dieses Gebäude konnte er in seiner Geistergestalt leicht eindringen, und bald schon fand er einen Keller, mit Spinnweben, die er mit denen vom Friedhof zusammenfügen konnte.

Auf einmal sah er ein seltsames Licht leuchten, auf das er zu schwebte. Was er dann dort entdeckte, erfreute ihn: Denn im Regal lag, in einen Rahmen mit Glas gefasst, ein altes Schriftstück, in zwei Schriften geschrieben – einmal in der neuen, die er überall sah, aber auch in den Buchstaben aus seiner Zeit. Und das Schriftstück beschrieb eine Art Vertrag zwischen Kaiser Karl dem Großen und dem Häuptling Schaurich, der sich einverstanden erklärte, seinen Stamm unter die Herrschaft des Kaisers zu stellen.

So kam ihm nun ein anderer Gedanke; und statt Fallen zu stellen, ließ er eine Spinnwebe an dieser Urkunde festkleben und zog von dort eine einzige lange Webe durch den Keller und die Treppe hoch bis zur Eingangstür, wo er das andere Ende der Spinnwebe festkleben ließ.

Am nächsten Morgen wunderten sich als Erste der Direktor und der Hausmeister der Schule, und sie folgten der Spinnwebe in den Keller, bis hin zu der Urkunde.

„Muss wohl vor langer Zeit hier abgelegt und dann vergessen worden sein!“, meinte der Direktor. Nachdem auch Frau Korrmann den Text gelesen hatte, sprach sie zu ihrer Klasse:
„Es ist möglich, dass das Schaurich der Kirchmauer doch richtig geschrieben war, weil es sich nämlich um einen vergessenen Germanenhäuptling handelte! Wahrscheinlich zu Unrecht vergessen.“

Ein paar Wochen später wurde auf dem Friedhof eine Gedenktafel angebracht, auf der geschrieben stand:

In dieser Gegend etablierte um das Jahr 800 der Germanenhäuptling Schaurich das Christentum und verleibte dieses Gebiet dem Reich Karls des Großen ein.

Dessen Geist fand daraufhin seine Ruhe.

4 Gedanken zu “Schaurichs Mordpläne – #WritingFriday

  1. Oh, was liebe ich diese Verschlimmbesserer. Ich hatte mal das Vergnügen, in Franken auf einen Bildstock mit der folgenden Inschrift zu stoßen: „Jesu Tod und Maria Scherz bedracht o Mensch in deinem Herz.“

    Jahre später hat man das gute Stück restauriert und die Inschrift korrigiert. Jetzt steht da „Maria Schmerz“.

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