
Diese Aktion wurde von ELIZZYs #WritingFriday von ihrem Blog read books and fall in love ins Leben gerufen. Dies ist mein Beitrag für diese Woche.
Thema ist diesmal:
Du erwachst in einer Villa im 19. Jahrhundert Londons – wie sieht dein Tag aus?
Geweckt werde ich von so einem alten mechanischen Wecker. Aber der Lärm in der Ferne macht mich ohnehin schon wach. Hört sich zwar nicht nach Autos an, aber auch Pferde und Menschen machen genug Lärm. Den Geruch der Pferde und ihrer Pferdeäpfel nehme ich aus hundert Metern Entfernung noch wahr – die Menschen, die im 19. Jahrhundert aufwuchsen, waren wahrscheinlich so sehr daran gewöhnt, dass sie ihn kaum noch registrierten. Ebenso den Geruch nach Schweiß, der teilweise ebenfalls bis in die Villa dringt.
Mein Bekannter, Charles Dickens, hat sich dafür eingesetzt, dass ich für ein paar Wochen in dieser Villa wohnen darf, um in Ruhe zu schreiben. Dies kann ich einem Zettel entnehmen, der neben meinem Bett auf einem Bord liegt, mit einigen Pfundnoten.
Für Dienstpersonal hat dieses gönnerhafte Angebot jedoch nicht gereicht, was heißt, dass ich selbst einkaufen und die Räume sauber halten muss. Und es liegt schon einiges an Staub auf vielen Möbeln und in manchen Ecken.
Auf der Straße liegt viel Matsch, durch den die Pferdedroschken fahren, aber auch Menschen in verdreckten Lumpen laufen, teils um den Dreck aufzusammeln.
Ein paar Straßen weiter laufen die Menschen in Anzügen, wie auch ich, und weiten Kleidern über Bürgersteige, die hier etwas sauberer sind. Aber auch diese vornehm gekleideten Bürgerinnen und Bürger riechen nicht unbedingt angenehmer als die Menschen in den Lumpen, sondern stinken ziemlich nach Schweiß, den einige mit Parfüm zu überdecken versuchen. Kein Wunder, wenn bei ihnen die Waschräume auch so winzig und spartanisch sind wie in meiner Villa. Dort hatte auch ich keine große Lust gehabt, mich allzu lange aufzuhalten.
Auch ein Trupp Soldaten zieht vorbei, mit Marschmusik, die ich noch nie gehört habe. Für Musik von Edward Elgar ist es wohl noch etwas zu früh.
Schließlich gelange ich auf einen Markt, wo allerhand angeboten wird, auch exotische Früchte, aus den Kolonien. Sieht aber nicht schlecht aus, da nehme ich gerne einiges mit. Billig ist das meiste aber nicht, da werde ich meine Pfundnoten wohl gut einteilen müssen.
Später in der Villa probiere ich diese Küche einmal aus – na ja, das Beef und die Bohnen schmecken danach schon etwas angebrannt, aber hoffentlich werde ich noch dazu lernen.
Jedenfalls fällt mir genug zum Schreiben ein, als ich mich an einen Mahagonitisch, auf einen Stuhl mit Ledersitz, setze. Die neuen Eindrücke dieses Tages wirken wahrlich nach.